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Hundetraining

Erziehung und Hundetraining – Was ist das denn genau?

Autor: Nicole Ackermann, durch die Tierärztekammer Schleswig-Holstein geprüfte und zertifizierte qualifizierte Hundeerzieherin und Hundeverhaltensberaterin, Inhaberin der Mobilen Hundeschule Düsseldorf 

Kann Hundetraining ausreichend Kompetenzen, Werte und Normen vermitteln?
Sind Erziehung und Hundetraining das Gleiche? Und wenn nein, wo liegen die Unterschiede?

Ich fange mit dem Begriff Erziehung an.

In der Pädagogik ist der Begriff Erziehung genau definiert: Erziehung bezeichnet den Prozess, durch den ein Individuum (z.B. Eltern, Hundemutter, Lehrer, Trainer) versucht, das Verhalten, die Einstellungen und die Fähigkeiten eines anderen Individuums (z.B. Kind, Schüler, Hund) zu beeinflussen und zu formen. Ziel der Erziehung ist es also, das Verhalten der zu erziehenden Person auf bestimmte Weise zu lenken, um das Verhalten und die Persönlichkeit zu formen, zu fördern oder zu verbessern. Dabei werden Werte, Normen, soziale Kompetenzen und Fähigkeiten vermittelt, die für das Zusammenleben in der Gesellschaft notwendig sind.

Wie gehe ich zukünftig mit meinem Gegenüber um?
Oder anders ausgedrückt, dient die Erziehung weniger dem Erlernen von Fertigkeiten, sondern dem Vermitteln, Üben und Festigen von Sozialkompetenz und der Ausbildung der Persönlichkeit. Sie bewirkt eine dauerhafte Veränderung des Verhaltens, Denkens und Fühlens in bestimmten Situationen. Dazu gehören zum Beispiel auch das Erlernen von Fairness, das spielerische Einüben von Ritualen und die Entwicklung der Persönlichkeit. Hier lernt jemand, wie er/sie/es sich zukünftig anderen gegenüber verhält, Situationen und Individuen einschätzt und mit der belebten Umwelt umgeht.

Alles nur Spiel?
Die ersten Lehrer im Leben eines Hundes sind die Mutter und die Geschwister. Dass Welpen viel miteinander spielen, hat wichtige Funktionen. Neben dem ausprobieren, trainieren und festigen von verschiedenen Bewegungsabläufen wird eben auch der soziale Umgang mit anderen geübt.

So kennzeichnet sich zum Beispiel das Sozialspiel unter Hunden durch die starke Ritualisierung. Durch verschiedene Verhaltensweisen und Muster versichern sich die einzelnen Parteien, dass die Aktion nur ein Spiel und kein Ernst ist. Wie auch in der Menschenwelt dienen viele Rituale in der Hundewelt der Konfliktvermeidung. In einem späteren Bericht werde ich auf das Thema Spielverhalten noch näher eingehen.

Lernen – ein lebenslanger Prozess
Beim Welpen spricht man von der Zeit, in der er besonders empfänglich für das Erlernen von Kompetenzen für sein zukünftiges Leben ist, von der Sozialisierungsphase oder der sensiblen Phase. Je nach Hunderasse liegt diese Phase zwischen der 4. und der 16. Lebenswoche. Jedoch ist Erziehung ist ein kontinuierlicher Prozess, der von der Geburt bis zum Tod reicht. Dabei spielen sowohl positive als auch negative Erfahrungen und Erlebnisse eine Rolle, die das Verhalten und die Entwicklung des erzogenen Individuums beeinflussen können.

Eine erfolgreiche Erziehung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Verhältnis zwischen erziehender Person und erzogenem Individuum, der Art der Erziehungsmethoden und dem Umfeld, in dem das erzogene Individuum aufwächst. Eine positive und wertschätzende Erziehung kann dazu beitragen, dass das erzogene Individuum ein selbst bestimmtes und erfülltes Leben führen kann. Nach und nach werde ich auf die einzelnen Methoden eingehen und die jeweiligen Vor- und Nachteile erklären.

Guter Gehorsam = Alles gut?

Im Umgang mit Hunden lassen sich die Begriffe Erziehung und Training nicht scharf abgrenzen, da vieles natürlich auch in praktischen Übungen umgesetzt und vermittelt wird. Allerdings müssen sich sowohl der Hundehalter, als auch der Hundetrainer vor Beginn der jeweiligen Maßnahmen sicher sein, was sie da tun und was sie erreichen wollen. Erziehung sollte auch immer die positive Ausbildung der Persönlichkeit beinhalten. Das lässt sich nicht mit starr vorgegebenen Übungen und bedingungslosen Gehorsam erreichen.

Um Deinen Hund gut auf sein zukünftiges Leben vorzubereiten, bedarf es einer ausgewogenen Mischung von Erziehung und Training.

 

Fazit: Anhand der Erklärung, was Erziehung in erster Linie ist, wird deutlich, warum ein gut funktionierender Hund nicht zwangsläufig gut erzogen sein muss. Wie schnell, gut und zuverlässig ein Hund „Sitz“, „Platz“ oder „Fuß“ ausführen kann, sagt kaum etwas über seine Sozialkompetenz, Verträglichkeit oder Persönlichkeit aus. Das Vermitteln und Erlernen von Gehorsam hat natürlich seine Berechtigung und ist auch notwendig, jedoch sollte man sich bewusst sein, dass das Erlernen von speziellen Fertigkeiten wie das zuverlässige Ausführen von Befehlen eben nur ein Baustein ist, um einen Hund gut auf sein zukünftiges Leben vorzubereiten.